Während der Jahresabschluss als ein Instrument der Informationsvermittlung und Rechenschaftslegung dient, steht bei der Bilanzanalyse die Umwandlung der zur Verfügung gestellten Unternehmensdaten in bedarfsorientierte und entscheidungsrelevante Informationen im Vordergrund (Küting/Weber, 2015). Die Begriffe Jahresabschluss- und Bilanzanalyse sind somit strikt voneinander abzugrenzen (Coenenberg et al., 2021). Denn aufgrund der meist externen Stellung der Person oder Institution, welche die Analyse durchführt, stehen im Fall der Bilanzanalyse kaum unternehmensinterne Daten zur Verfügung. Im Rahmen der externen Analyse können somit nur jene Daten einer Prüfung unterzogen werden, welche durch die Unternehmensführung entweder aufgrund von gesetzlich festgelegten Publizitätspflichten oder durch freiwillige Maßnahmen offengelegt wurden (Küting/Weber, 2015).
Im Zuge einer Bilanzanalyse kommt es somit nicht nur zu einer Auswertung, sondern gleichzeitig zu einer entsprechenden Bewertung des zur Verfügung gestellten Zahlenmaterials (Coenenberg et al., 2021). In Summe, geht es somit um die grundständige Analyse des Jahresabschlusses. Eine Beurteilung kann dabei anhand unterschiedlicher Methoden und Vorgehensweisen erfolgen (Coenenberg et al., 2021).
Zu den deskriptiven Analyseinstrumenten einer Bilanzanalyse zählen neben der Zeitreihen- und Differenzanalyse vor allem auch die Analyse nach Kennzahlen. Der Methodenkanon wird zudem ergänzt durch empirische Analysemethoden, wie etwa die Diskriminanzanalyse oder Neuronale Netze, die im Rahmen der Bilanzanalyse hauptsächlich zur Bonitätsprüfung eingesetzt werden. Neuronale Netze sind eine Form künstlicher Intelligenz, die dazu in der Lage sind, wiederkehrende Muster in Datensätzen aufzuspüren. Damit wird die Zuordnung von Daten zu bereits bestehenden oder sogar neuen Kategorien erleichtert. Verfolgt eine Bilanzanalyse beispielsweise das Ziel der Bonitätsbeurteilung eines Unternehmens, so wird eine Unterscheidung in gesunde und insolvenzgefährdete bzw. insolvente Firmen hierdurch maßgeblich erleichtert. Die heuristischen Analyseinstrumente umfassen neben Scoring Modellen und Expertensystemen erweiterte quantitative Ansätze, wie etwa die Bilanzanalyse nach dem sogenannten Saarbrücker Modell. Das Modell setzt dabei die Ertragsstärke eines Unternehmens in Relation zur Qualität der verfügbaren Informationen.
Da es bei der Bilanzanalyse um weitaus mehr geht, als die reine Feststellung eines Gewinns oder eines Verlustes, sind Kennzahlen definiert worden, die Vorhersagen zukünftiger Entwicklungen des Unternehmens zulassen. Kennzahlen setzen dabei bestimmte Kenngrößen zueinander ins Verhältnis mit dem Ziel, Sachverhalte abzubilden, die maßgeblichen Einfluss auf die zukünftige Unternehmensentwicklung ausüben können. In einfachster Form werden die Daten als absolute Zahlen, also beispielsweise als Einzelzahlen, Summen oder Differenzen angegeben. Jedoch bleibt die Aussagekraft dieser Zahlen gering, solange ein geeigneter Vergleichsmaßstab fehlt (Coenenberg et al., 2021).
Werden hingegen absolute Zahlen zueinander ins Verhältnis gesetzt, so wird damit ein erster Vergleich dieser Zahlen vorgenommen und somit die Aussagekraft erhöht (Coenenberg et al., 2021). Den Ausdruck von zwei zueinander in Beziehung gesetzten betriebswirtschaftlich relevanten Größen, bezeichnet man als Kennzahl (Coenenberg et al., 2021).
Die Beurteilung der Daten setzt zudem entsprechende Vergleichsmaßstäbe voraus. Diese können unter anderem aus Daten früherer Perioden, anderer Betriebe oder Soll-Normen gewonnen werden. Folgerichtig wird zwischen dem Zeitvergleich, dem Betriebsvergleich und dem Soll-Ist-Vergleich unterschieden (Coenenberg et al., 2021). Der strukturelle Aufbau einer Bilanzanalyse beginnt zunächst mit einer Aufbereitung des verfügbaren Zahlenmaterials. Anschließend werden passende Kennzahlen gebildet, um diese wiederum in eine Vergleichsbeziehung setzen zu können. Auf diese Weise werden Aussagen über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens ermöglicht.
Die Aussagekraft von Bilanzanalysen, stößt in der Realität jedoch häufig an ihre Grenzen. Da sich die Analysen aufgrund der Verwendung von Jahresabschlussdaten auf den Vergleich von Vergangenheitsgrößen stützen, finden aktuelle Entwicklungen des Marktes insgesamt zu wenig Berücksichtigung. In der Folge bleiben Trendentwicklungen unberücksichtigt. Zusätzlich kann der Mangel an unternehmensinternen Prognosen die Treffsicherheit der Analyse einschränken. Aber auch der Einsatz von bilanzpolitischen Maßnahmen kann zu verzerrten Prognosen führen. Dennoch ist und bleibt die Bilanzanalyse ein zentrales Instrument, wenn es um die Einordnung der finanziellen Lage von Unternehmen geht.
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Quellen:
Coenenberg et al. (2021): Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, Betriebswirtschaftliche, handelsrechtliche, steuerrechtliche und internationale Grundlagen-HGB, IAS/IFRS; US-GAAP; DRS, 22. Auflage, Schäffer-Poeschel Verlag.
Küting/Weber (2015): Die Bilanzanalyse, Beurteilung von Jahresabschlüssen nach HGB und IFRS, 11. überarbeitete Auflage , Schäffer-Poeschel Verlag.
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